Wundersame Wendungen: Warum Land (nach der Wahl) doch vermehrbar ist +++ CDU und OWG wollen Gewerbeflächen im Landschaftsschutzgebiet ausweisen +++ Voraussichtlich rechtswidriger Flächennutzungsplan beschlossen

 

VORHER: Die OWG wirbt mit dem Slogan „Land ist nicht vermehrbar“. Flächen sollten nur „sparsam und umweltbewusst“ verbraucht werden, die Feldmark nicht zerstört werden. Eine Gewerbefläche am Willinghusener Weg wird mit der Begründung abgelehnt, man wolle keine Grünflächen zerstören. Die OWG beantragt mit der CDU, einen Umweltausschuss einzurichten.

NACHHER: In der Sitzung der Gemeindevertretung vom 02.07.2018 stimmt die OWG der Gewerbefläche am Willinghusener Weg nun doch zu, unter der Bedingung, dass im Landschaftsschutzgebiet im Norden Oststeinbeks zusätzliche Gewerbeflächen vorgesehen werden. Der Umweltausschuss wird vor dem Grundsatzbeschluss, in einem Schutzgebiet Gewerbe zu planen, nicht beteiligt.

Was war geschehen?

In der gestrigen Sitzung der Gemeindevertretung ging es um den neuen Flächennutzungsplan der Gemeinde. Dieser wird seit mehr als einem Jahr in einen aufwändigen Prozess entwickelt. 205.000,- Euro wurden für das Verfahren aus dem Gemeindehaushalt bereitgestellt. Eigentlich sollte der Plan einmal das Zukunftskonzept für die Gemeinde werden, also eine Vision für die nächsten 25 Jahre verkörpern. Übrig geblieben ist davon nichts – im Gegenteil: CDU und OWG strichen fast alle potenziellen Entwicklungsflächen aus dem Plan heraus. Sogar die sinnvolle und seit Jahren als Wohngebiet geplante Fläche nördlich des Breedenwegs wurde herausgestrichen. Anstatt eine behutsame und planvolle Ortsentwicklung zu betreiben, stehen nun alle Signale auf Stopp. De facto handelt es sich bei dem vorliegenden Entwurf um eine Verhinderungsplanung, die einen vermeintlich guten Jetzt-Zustand für immer zementieren soll. Zukunft wird damit nicht geplant. Da der nachgewiesene Bedarf an Wohnungsbau-Flächen nicht im Plan berücksichtigt wurde, ist der Planentwurf aus Sicht der SPD-Fraktion rechtswidrig und kann nicht vom Innenministerium genehmigt werden. Es liegt ein so genannter „Abwägungsfehler“ vor. Dies hat das Innenministerium bereits Anfang November in einem Gespräch mit den Gemeindevertretern angekündigt. Auch Bürgermeister Hettwer bestätigte in der Sitzung, dass damit zu rechnen sei, dass der Plan vom Innenministerium in dieser Form nicht genehmigt werde und sicherlich mit Anmerkungen „zurückkommt“. Aus diesem Grunde hat die SPD-Fraktion gestern gegen den Entwurf gestimmt. Da die OWG gegen die Gewerbefläche am Willinghusener Weg war, stimmte sie noch im Bauausschuss vom 21.06.18 ebenfalls gegen den Plan. Ein konsequentes Stimmverhalten hätte in der Gemeindevertretung zur Folge gehabt, dass der Planentwurf keine Mehrheit gefunden hätte. In der gestrigen Sitzung der Gemeindevertretung kam dann die überraschende Wende: Die OWG erklärte, sie sei bereit, dem Plan zuzustimmen, wenn zusätzlich zu den bereits vorgesehenen Gewerbeflächen noch ein Grundsatzbeschluss gefasst werde, dass sich das Gewerbegebiet auch nach Norden Richtung Barsbüttel bis hin zur Autobahn im Landschaftsschutzgebiet erweitern solle. Dabei handelt es sich um einen alten und eigentlich von allen Fraktionen abgelehnten Vorschlag der OWG aus dem Jahr 2016. Abgesehen vom besonderen naturschutzrechtlichen Schutz-Status der Feldmark befinden sich dort gleich drei so genannte „Ausgleichsflächen“, die als Ersatz zum Schutz der Natur ausgewiesen wurden, weil andernorts Flächen bebaut wurden. Viele weitere gute Argumente, die gegen eine Nord-Erweiterung sprechen, sind bereits 2017 in Ausschüssen und Arbeitsgruppen erörtert worden. Dennoch stimmte die CDU diesem OWG-Vorschlag – ohne vorherigen Beschluss der zuständigen Fach-Ausschüsse für Bauen und Umwelt und ohne genaue Umschreibung des gemeinten Gebietes – zu. SPD und FDP stimmten gegen den Entwurf.

Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Mielcarek sagte: „Durch die Blockadehaltung von CDU und OWG wurden mit dem F-Plan-Verfahren mehr als 200.000,- Euro Steuergeld sinnlos verbrannt. Zudem fasst die Gemeindevertretung hier sehenden Auges einen rechtswidrigen Beschluss“. Er beantragte für die SPD-Fraktion die namentliche Abstimmung in der Sitzung, durch die das Stimmverhalten der Fraktionen genau dokumentiert wird.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Christian Höft sagte: „Dieser Plan bedeutet Stillstand und damit Rückschritt zu Lasten der Oststeinbeker Bürgerinnen und Bürger. CDU und OWG ignorieren die Ziele der Landesplanung, also geltende Gesetze, und stellen das derzeitige persönliche Wohlbefinden Einzelner über die strategische Planung im Interesse des Gemeinwohls.“ Zu der überraschenden Wendung bei der OWG sagte Höft: „Als OWG-Wähler würde ich mich getäuscht fühlen. Die OWG tut das krasse Gegenteil von dem, was sie vor der Wahl versprochen hat. Gewerbeflächen im Landschaftsschutzgebiet zu planen, stellt einen bisher noch nicht dagewesenen Tabubruch dar. Die Zerstörung der Feldmark im Norden Oststeinbeks wird nun ausgerechnet von denen beantragt, die im Wahlkampf für ihren Erhalt geworben haben. Dass der Umweltausschuss gleich beim ersten entscheidenden Umwelt-Thema nicht beteiligt wurde beweist, welchen Stellenwert CDU und OWG dem von ihnen beantragten Gremium einräumen. Für uns kommen Baugebiete im Landschaftsschutzgebiet nicht in Frage – das haben wir im Wahlkampf klar gesagt und dabei bleiben wir“.