Positives Desinteresse – das Geheimnis der CDU-Zukunftspolitik

Die gute Nachricht: Die Oststeinbeker CDU kommt in Bewegung! Nach fünf Jahren Bremspedal und Dornröschenschlaf bei der Schaffung der dringend benötigten bezahlbaren Wohnungen für Senioren und junge Leute entwickeln die Christdemokraten eine bislang ungekannte Dynamik. Hektisch werden wenige Tage vor der Kommunalwahl Flugblätter und Flyer geschrieben und gedruckt (vgl. CDU-Flugblatt Wohnungsbau vom 21.04.2018 oder auch CDU-Flugblatt Variante Märchenstunde).

Quintessenz der CDU: bezahlbare Wohnungen sind weder nötig, noch möglich!

Die schlechte Nachricht: Die Inhalte der jüngst verteilten CDU-Publikationen zum Thema Wohnungsbau sind zum großen Teil falsch oder verkürzt dargestellt bzw. zeugen von fachlicher Unkenntnis über die Wohnraumförderung des Landes Schleswig-Holstein und die aktuelle Situation in Oststeinbek. Wir möchten diese Behauptungen nicht als Unwahrheiten bezeichnen – damit würden wir uns evtl. im nächsten grünen Blatt den Vorwurf der Diffamierung einhandeln. Daher nennen wir sie hanseatisch-zurückhaltend: alternative Fakten.

Alternativer Fakt Nr. 1: In Oststeinbek kann es keinen sozialen Wohnungsbau geben

Falsch. In Oststeinbek entstehen derzeit zwei Projekte gleichzeitig, in denen jeweils etwa ein Drittel der Wohnungen im Rahmen des geförderten Wohnungsbaus realisiert werden – insgesamt etwa 60 Wohnungen. Moin, CDU, das müsstet Ihr mitbekommen haben! Öffentlich geförderter (=sozialer) Wohnungsbau ist möglich und er findet statt: Am Willinghusener Weg (Fläche vollständig im Privateigentum) sowie an der Brückenstraße (teils auf einer Fläche der Gemeinde). In beiden Projekten leider nicht für junge Leute (unter 60), weil CDU und OWG dies aktiv verhindert haben.

Es stehen weitere ideale Flächen dafür zur Verfügung, auch solche im Eigentum der Gemeinde Oststeinbek (Langstücken).

Die Obstwiese an der Brückenstraße. Sie gehört der Gemeinde. Hier und auf der dahinter liegenden privaten Fläche werden etwa 30 öffentliche geförderte, bezahlbare Mietwohnungen entstehen (wegen CDU und OWG leider nicht für junge Leute). Die CDU behauptet dennoch: „Es kann keine bezahlbaren Wohnungen in Oststeinbek geben.“

Alternativer Fakt Nr. 2: Um bezahlbare Wohnungen zu realisieren, muss man riesige Gebäude bauen

Falsch. Beide derzeit geplanten Projekte werden maximal vier Geschosse (tlw. nur drei bzw. 3 plus Staffelgeschoss) haben. Gerade bei einem Mix aus geförderten Wohnungen, normal finanzierten Mietwohnungen und Eigentumswohnungen (wie am Willinghusener Weg) ist eine attraktive und aufgelockerte Gestaltung der Häuser möglich.

Die Behauptung, es solle in Oststeinbek „Großprojekte“ und „Hochhäuser“ geben, hat die CDU frei erfunden, um damit im Wahlkampf Aufmerksamkeit zu erregen.

Die Fläche am Willinghusener Weg, sie ist in Privateigentum. Hier werden etwa 30 öffentliche geförderte, bezahlbare Mietwohnungen entstehen (wegen CDU und OWG leider nicht für junge Leute). Die CDU behauptet dennoch: „Es kann keine bezahlbaren Wohnungen in Oststeinbek geben.“

Alternativer Fakt Nr. 3: Die Freigabe neuer Bebauungsflächen wird nicht zu sinkenden Preisen führen

Falsch. Die Errichtung geförderter Wohnungen bringt zwingend niedrige Mietpreise mit sich, da diese exakt gesetzlich festgelegt sind. Nur bei Einhaltung dieser gesetzlichen Vorgaben erfolgt die Gewährung der staatlichen Zuschüsse.

Ob auch die Errichtung frei finanzierter Miet- bzw. Eigentumswohnungen zu einer Entspannung des Immobilienmarktes führen wird, kann natürlich niemand wissen.

Die Fläche des ehemaligen „Aria“-Schuhandels am Langstücken. Die leer stehende Halle gehört der Gemeinde. Hier könnten öffentlich geförderte, bezahlbare Mietwohnungen entstehen. Die SPD setzt sich dafür ein. Die CDU behauptet: Die Gemeinde ist nicht Eigentümerin möglicher Wohnbauflächen.

Alternativer Fakt Nr. 4: Neu gebaute Wohnungen werden zu einem massiven Zuzug von „Personengruppen“ aus Hamburg führen

Falsch. Alle Investoren, die in den letzten Jahren in Oststeinbek Wohnungen errichten wollten, haben zugesichert, der Gemeinde vertraglich ein Belegungsrecht einzuräumen. Damit wird sicher gestellt, dass stets zuerst Oststeinbeker den Zugriff erhalten.

Im Übrigen wäre es insbesondere bei Seniorenwohnungen wünschenswert, wenn ein Teil auch von Nicht-Ostbekern bezogen werden könnte – etwa, wenn die auswärts wohnenden Eltern pflegebedürftig werden und in die Nähe ihrer Oststeinbeker Kinder ziehen wollen.

Auch würden wir uns z.B. mit der Feuerwehr freuen, wenn die Kameradinnen und Kameraden, die wegen der Wohnungsknappheit nach Hamburg und Glinde wegziehen mussten, wieder nach Oststeinbek kommen könnten.

Die Fläche von Bauhof und Feuerwehr in der Dorfstraße – sie gehört der Gemeinde. Wenn ein neuer Standort für Bauhof und Feuerwehr gefunden wird, könnten hier öffentlich geförderte, bezahlbare Wohnungen für Senioren und junge Leute sowie ein Dorfgemeinschaftshaus entstehen. Die SPD setzt sich dafür ein. Die CDU behauptet: Die Gemeinde ist nicht Eigentümerin möglicher Wohnbauflächen.

Alternativer Fakt Nr. 5: Wohnungen für Senioren und junge Leute können nicht kombiniert werden

Falsch. Bereits 2014 hat der Seniorenbeirat gemeinsam mit dem Wohnungsbauunternehmen Semmelhaack (das ist der gleiche Unternehmer, der auch die Wohnungen an der Brückenstraße bauen will) einen Entwurf für ein Mehrgenerationen-Wohngebiet am Breedenweg vorgestellt. Hier war geplant, gut ein Drittel der Wohnungen als geförderte Wohnungen zu bauen. Das Projekt scheiterte einzig und allein an der ablehnenden Haltung von CDU und OWG.

Insbesondere der Vertreter von Semmelhaack Immobilien hat in der sehr gut besuchten SPD-Bürgerveranstaltung am 14. Februar 2018 mit Nachdruck dafür geworben, auch den Wohnungsbedarf für junge Leute anzuerkennen.

Der Eigentümer der Fläche am Willinghusener Weg und sein erfahrener Architekt würden liebend gern auch Wohnungen für junge Leute anbieten – die CDU hindert ihn daran.

„Mischplanungen“ für Senioren und junge Leute bedeuten auch weder „erhöhte Planungskosten“, noch den Verlust „des“ Betreibers, noch würden sie das Angebot angeblich „kostengünstiger“ Dienstleistungen für Senioren gefährden. Bekanntlich werden z.B. die Dienste der an der Brückenstraße geplanten Tagespflege von Beginn an nicht nur den Bewohnern der Brückenstraße angeboten, sondern stehen allen Bewohnern Oststeinbeks offen.

Alternativer Fakt Nr. 6: Die CDU Oststeinbek hat als einzige Partei konstruktive Vorschläge zu möglichen Standorten für Wohnungsbau gemacht

Falsch. Keimzelle der jahrelangen Überlegungen für Wohnungsbau war eine Fläche nördlich des Breedenwegs, für die schon vor mehr als zehn Jahren durch SPD, OWG und die damaligen Grünen ein Bebauungsplan angeschoben wurde. Diesen Standort haben die CDU und OWG (ja korrekt, die OWG hat ihre Meinung zu dieser Fläche geändert) aktiv verhindert und wollen nun gemeinsam mit der OWG sogar dafür sorgen, dass diese bestens für Wohnungsbau geeignete Fläche niemals bebaut wird (Herausnahme aus dem Flächennutzungsplan, Bauausschuss-Sitzung vom 26. März 2018).

Der Antrag zur Aufstellung des Bebauungsplans für die Fläche am Willinghusener Weg kam außerdem von der SPD. Die CDU hat dieses Projekt massiv behindert und mit irrwitzigen Auflagen überzogen, welche die Wohnungspreise für die Senioren verteuern werden.

Richtig ist, dass die CDU zwei Vorschläge gemacht hat:

  1. Antrag, den Standort Brückenstraße zu prüfen. Hier gab es keinerlei inhaltliche Konzeption, es war ein lapidarer Prüfauftrag an die Verwaltung. Dieser wurde jedoch seinerzeit von SPD und OWG abgelehnt, da der Seniorenbeirat die Fläche Breedenweg bevorzugte.
  2. Antrag, Wohnungen am Eichredder auf dem Rathausparkplatz zu bauen. Dieser Antrag sah vor, einen massiven, viergeschossigen Wohnblock auf dem Parkplatz des Rathauses und Teilen des Gartens des Kratzmann‘schen Hofes zu errichten. Hauptproblem der Idee: Es sollten hier ausschließlich Eigentumswohnungen für Senioren entstehen. Diese hätten bereits beim ersten Eigentümerwechsel auch von Nicht-Senioren bezogen werden können, es handelte sich also nicht um ein nachhaltiges Projekt. Das ging völlig an den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger vorbei und wurde von Seniorenbeirat, SPD, OWG und FDP folgerichtig abgelehnt.

Die CDU hat also zwei untaugliche Vorschläge gemacht und zwei sinnvolle Projekte torpediert.

Was die langfristige Sicherung von Seniorenwohnungen angeht, widerspricht die CDU sich selbst: im CDU-Projekt Eichredder war überhaupt keine langfristige Sicherung der Belegung möglich (100% Eigentum) – im Flugblatt fordert die CDU nun, dass „Seniorenwohnungen auch in 20 Jahren noch von diesem Personenkreis genutzt werden können“. Ein reiner Zickzack-Kurs.

Alternativer Fakt Nr. 7: Die CDU hat sich gegen mehrgeschossigen Wohnungsbau entschieden

Falsch. Die CDU hat im Gegenteil konkrete Vorschläge für sehr massive, mehrgeschossige Wohnungsbauprojekte gemacht (Eichredder) und die Planungen für Geschosswohnungsbau an der Brückenstraße ausdrücklich unterstützt.

Alternativer Fakt Nr. 8: Die SPD fordert nur kurz vor der Wahl Wohnungen für alle

Falsch: Die SPD setzt sich seit mehr als fünf Jahren dafür ein, dass Wohnungen für Senioren und junge Leute gebaut werden.

Was kurz vor der Wahl in der Tat anders ist: Wir weisen besonders deutlich darauf hin, wer diese Pläne jahrelang aktiv blockiert hat.

Die Partei der „positiv Desinteressierten“ diskreditiert die junge Generation Oststeinbeks

Den Kern ihrer Überlegungen zur Zukunft des Ortes offenbart die CDU jedoch eher nebenbei, wenn sie den Bedarf an bezahlbaren Mietwohnungen, insbesondere für junge Oststeinbekerinnen und Oststeinbeker, ausdrücklich als „persönliche Interessen Dritter“ und „Minderheitsmeinung“ bezeichnet. Die „Mehrheit der Einwohner“ sei „mit der jetzigen Situation zufrieden“ und von einem „positiven Desinteresse“ gekennzeichnet. Als Beleg wird an erster Stelle das „Ergebnis interner Befragung“ genannt.

Es geht in Gemeindeplanung jedoch nicht nur darum, die zufriedenen oder (angeblich) „schweigenden“ Bürgerinnen und Bürger im Ort in Ruhe zu lassen. Es geht zusätzlich auch darum, dafür zu sorgen, dass sie und ihre Kinder in Zukunft zufrieden sein können. Es geht auch darum, die Belange angeblicher „Minderheiten“ (aus CDU-Sicht also: junge Menschen bzw. Menschen mit geringem Einkommen) zu berücksichtigen. Um die Belange der Bürgerinnen und Bürger kennen zu lernen, muss man jedoch auch ständig mit ihnen im Dialog sein und nicht „interne Befragungen“ durchführen. Und um die Zukunft zu gestalten, muss man sich der Realität stellen.

Wir brauchen keine Partei, die ihre ganze Energie darauf verwendet, Probleme zu suchen oder zu erschaffen. Wir brauchen auch keine Partei, die wenige Tage vor der Wahl versucht, ihre Versäumnisse der letzten fünf Jahre schön zu färben.

Wer junge Oststeinbekerinnen und Oststeinbeker als unwichtige Minderheit sieht, hat seinen Auftrag als Partei nicht verstanden.

Wir brauchen keine Teil-Lösungen. Wir brauchen Gesamt-Lösungen für eine gemeinsame Zukunft aller Generationen.

Wir sitzen in Oststeinbek alle in einem Boot.

Es gibt immer Lösungen. Man muss sie nur wollen.

P.S.: Was die CDU am Anfang des Flugblattes als „versuchte Einflussnahme von Seiten der Verwaltung“ und klare „Verletzung der gebotenen Neutralität“ bezeichnen möchte, verrät sie uns und dem Bürgermeister leider nicht.