Die Neun-Millionen-Mogelpackung der CDU +++ SPD gegen Grundsteuer-Erhöhung +++ Land muss Beiträge der Bürger übernehmen!

 

Kurzfassung: Die CDU hat im Bauausschuss vom 20.11.17 beantragt, die Straßenausbau-Beiträge abzuschaffen. Grundsätzlich ein guter Vorschlag. Ein Konzept zur Finanzierung der dadurch wegfallenden Einnahmen in Höhe von insgesamt mindestens 9 Millionen Euro hat sie aber nicht vorgelegt. Aus dem Gemeindehaushalt könnte die Sanierung der Straßen nicht (jedenfalls nicht wie geplant) bezahlt werden – das würde den Haushalt ruinieren und zur Verschuldung der Gemeinde führen. Eine Finanzierung über die Grundsteuer – wie von der CDU als zweite Möglichkeit angedacht – würde keine Entlastung der Bürger bedeuten. Sie macht zudem keinen Sinn, weil daran das Land zu 50% mitverdient. Der CDU-Antrag ist aus unserer Sicht eine Mogelpackung, weil er den Bürgern nicht die Konsequenzen der Abschaffung der Beiträge aufzeigt. Die SPD-Fraktion fordert dazu auf, trotz des bevorstehenden Wahlkampfes sachlich zu bleiben. Sinnvoll wäre nun ein Appell der Gemeinde an das Land, die Beiträge der Bürger zu übernehmen. Einen entsprechenden Antrag stellen wir am 18.12. in der Gemeindevertretung (zum Nachlesen: Resolution der Gemeindevertretung Oststeinbek – Entwurf SPD).

Bisher gehörte es in Oststeinbek zum guten Ton, dass beim heiklen Thema Straßenausbau-Beiträge alle Fraktionen sachlich und konsensorientiert an Lösungen im Sinne der Bürger gearbeitet haben. So wurde die Satzung vor Jahren intensiv diskutiert, die Beiträge so niedrig wie möglich angesetzt und eine sehr weit gehende Ratenzahlungsmöglichkeit über 20 Jahre beschlossen, die selbst bei den (seltenen) Härtefällen die Belastung abfederte. Auch als es zu Recht Konflikte bei der Beurteilung des Zustands der Straßen gab (Ostlandstraße), wurde der Ausbau sofort gestoppt. Alles immer einstimmig. Im Bauausschuss vom 21.11.2017 hat sich die Oststeinbeker CDU aus unserer Sicht von diesem sachorientierten Konsens verabschiedet und scheint schon ein wenig im Wahlkampfmodus zu sein (im Mai 2018 ist Kommunalwahl).

Was ist geschehen?

Weil die Kieler CDU im Landtagswahlkampf noch ein griffiges Thema suchte, zittern derzeit alle Kommunen in ganz Schleswig-Holstein: Die Erhebung von Straßen-Ausbaubeiträgen soll wohl ab 2018 „freiwillig“ werden. Entschieden ist dazu noch nichts, die bisher bekannten Entwürfe wirken eher unausgegoren, es hagelt Kritik aus den Kommunen und von Rechtsexperten (den kompletten Gesetzgebungsvorgang und alle Stellungnahmen finden Sie hier). Das liegt neben der rechtlich unsauberen (möglicherweise sogar verfassungs- und europarechtswidrigen) Konstruktion daran, dass es sich in Wirklichkeit um ein Schummelpaket handelt: Die Kommunen können zwar „frei“ entscheiden, erhalten jedoch keinen Cent vom Land als Ausgleich für die fehlenden Beiträge. Kaum eine Kommune ist finanziell in der Lage, alle Kosten für den Straßenausbau selbst aufzubringen. Deshalb wird es auch weiterhin fast überall Ausbaubeiträge geben. Den Bürgern wurde und wird von der Landesregierung vorgegaukelt, dass es ganz im Belieben der örtlichen Politiker stünde, ob man Beiträge erhebt oder nicht. Eigentlich muss sich jeder CDU-Kommunalpolitiker an den Kopf fassen.

Die Oststeinbeker CDU hat diese eventuell bevorstehende „Freiwilligkeit“ jedoch zum Anlass genommen, schon jetzt – Monate bevor das Gesetz überhaupt beschlossen wird – die Abschaffung unserer Straßenausbau-Beitragssatzung zu beantragen. Ziel sei, die Kosten für den Straßenbau „auf alle zu verteilen, die die Straße nutzen – nicht nur auf die Eigentümer“. Dass schon heute keineswegs nur die Eigentümer zahlen, sondern der Steuerzahler ebenfalls einen erheblichen Teil übernimmt, verrät die CDU dabei nicht.

Die SPD-Fraktion begrüßt grundsätzlich die Abschaffung der Beitragssatzung, weil die Satzung und ihre Umsetzung viel Arbeit und Nerven für alle Beteiligten (Bürger, Politik, Verwaltung) bedeuten. Klar ist aber, dass die Abschaffung allein niemandem hilft.

Überraschend an diesem CDU-Antrag ist, dass er aus nur vier Sätzen besteht und keinerlei Vorschläge zur Finanzierung dieses Mammutprojektes liefert. Er lässt genau so viele Fragen offen, die der Gesetzentwurf der Landes-CDU.

Über welche Kosten reden wir?

Die Kosten für die Sanierung unserer Straßen wurden 2013 auf insgesamt 14,6 Millionen Euro geschätzt. Seither ist der Baupreisindex im Bereich Ingenieurbau für Straßen um etwa 9% gestiegen, so dass wir zum Zeitpunkt der Sanierungen über deutlich mehr Geld sprechen.

Diese 14,6 Millionen Euro hätten sich nach der bestehenden Satzung Gemeinde und Bürger wie folgt aufgeteilt:

  • 6 Mio. Euro Gemeinde
  • 8,5 Mio. Euro Anliegerbeiträge

Wenn wir über die Abschaffung der Beitragssatzung nachdenken, sprechen wir also über wegfallende Einnahmen der Gemeinde in Höhe von mindestens 8,5 Mio. Euro zzgl. Baupreis-Steigerung, also deutlich über 9 Mio. Euro.

Die CDU hat für die Deckung dieser Kosten keine Idee. Es fehlt jeglicher Ansatz einer Erklärung, wie das von der Gemeindevertretung beschlossene Ausbauprogramm finanziert werden soll.

Es gibt nun zwei Varianten, was man tun kann

Eine Möglichkeit ist, die Straßensanierung einfach bleiben zu lassen. Das kann man durchaus diskutieren – man muss es aber auch tun! Wenn man der Ansicht ist, dass die Ostbeker Straßen eigentlich noch ganz ok sind, dann kann man sich guten Gewissens dafür entscheiden, einfach abzuwarten und weiterhin nur Schlaglöcher zu stopfen. Das muss man den Bürgern dann aber auch sagen, damit sie nicht erwarten, die Straßen, Fuß- und Radwege würden in den nächsten Jahren verbessert.

Die zweite Möglichkeit ist, dass das geplante Sanierungsprogramm durchgeführt wird. Wenn das der Plan der CDU ist, muss man den Bürgern aber erklären, woher das Geld dafür kommen soll.

In beiden Fällen ist also Offenheit und Ehrlichkeit gefragt.

Da die CDU bisher noch nicht verkündet hat, die Straßen sich selbst zu überlassen, gehen wir davon aus, dass das geplante Sanierungsprogramm stattfinden soll.

Wir haben nun einmal die Hausaufgaben der CDU übernommen und uns Gedanken darüber gemacht, was mögliche Alternativen zu Straßenausbau-Beiträgen sind.

Wie kann die straßensanierung finanziert werden?
Geldquelle 1: Sparbuch

Die Gemeinde verfügt derzeit über Rücklagen. Allerdings wird in Kürze eine neue Schule gebaut, ein neuer Bauhof und eine neue Feuerwache in Havighorst sind in Planung, intensive Sanierungen von Gemeindegebäuden stehen an. Da man jeden Euro nur ein Mal ausgeben kann, wird von unserem Sparbuch bald nichts mehr übrig sein.

Geldquelle 2: Einsparungen

In der ersten Hälfte der aktuellen Wahlperiode hat die CDU nahezu keine Sitzung der Gemeindevertretung ausgelassen, um auf die Notwendigkeit von Einsparungen hinzuweisen. Seither haben wir fünf Jahre lang in Arbeitsgruppen zur Haushaltskonsolidierung versucht, Einsparmöglichkeiten im Gemeindehaushalt zu finden. Bisher ist dabei nicht viel herausgekommen. Wer Einsparungen plant, muss sagen, wo! Wir wollen nicht die gemeinsam mit der CDU gefassten Beschlüsse zur Senkung der Kita-Beiträge rückgängig machen, um Asphalt zu gießen. Wir wollen auch nicht das Jugendzentrum schließen, um Fußwege zu bauen. Einsparungen sind keine Lösung für den Straßenausbau.

Geldquelle 3: Gewerbesteuer erhöhen

Die Erhöhung der Gewerbesteuer ist in Oststeinbek ein hochkomplexes und sensibles Thema. Durch unsere besondere geografische Lage und die seit Jahrzehnten ausgewogene Steuerpolitik ist der Ort ein attraktiver Standort für Unternehmen. Große Teile des finanziellen Spielraums der Gemeinde beruhen auf den Gewerbesteuer-Einnahmen. Es kann nicht das Ziel der Kommunalpolitik sein, dieses Konstrukt zu gefährden.

Geldquelle 4: Grundsteuer erhöhen

Die CDU hat in der Bergedorfer Zeitung davon gesprochen, dass die Erhöhung der Grundsteuer eine denkbare Idee wäre. Auch wir haben mal pauschal gesagt, dass man darüber nachdenken kann. Das muss man dann aber auch mal tun. Und vor allem gehört diese Idee mit in einen Antrag, der die bisherige Finanzierungsstruktur komplett über den Haufen wirft. Ganz besonders wichtig ist es aber, den Bürgern klar zu kommunizieren, was eine Grundsteuer-Erhöhung für sie bedeutet.

Um einen Betrag von 8,5 Mio. Euro über eine fiktive Straßen-Nutzungsdauer von 35 Jahren zu verteilen, müsste die Gemeinde jedes Jahr 243.000,- Euro zusätzlich einnehmen. Der große Haken an der Grundsteuer ist jedoch, dass die Hälfte der Einnahmen in Form von Umlagen an Land und Kreis abgeführt werden müssen. Von jedem Euro Grundsteuer bleiben in Oststeinbek also nur 50 Cent! Wenn wir 243.000,- Euro mehr in der Kasse haben wollen, müssten wir also 486.000,- Euro zusätzliche Steuern einnehmen. Dazu müsste der Grundsteuerhebesatz auf 442% erhöht werden. Für ein Einfamilienhaus mit 700qm Grundstück würde das eine Mehrbelastung von 133,20 Euro pro Jahr bedeuten.

Wollte man den ursprünglichen Plan umsetzen, und alle Straßen innerhalb von 10 Jahren (statt 35 Jahren) sanieren, müsste die Steuer noch viel höher ausfallen. Es müssten dann jährlich 850.000,- Euro netto mehr in die Gemeindekasse eingenommen werden, wegen der Umlagen also 1,7 Mio. Euro. Der Bewohner des genannten Muster-Einfamilienhauses müsste 466,20 Euro pro Jahr mehr Steuern zahlen. Und 233,- Euro davon würden an Kreis und Land gehen!

Ob das eine Entlastung der Bürger ist, wie sie die CDU sich vorstellt?

Und diese Berechnung enthält keinerlei Kostensteigerungen seit 2013. Die Steuererhöhung müsste tatsächlich noch mindestens 9% höher ausfallen.

Zur Finanzierung über die Grundsteuer muss man außerdem Folgendes bedenken:

  • Die Hälfte des Geldes geht wie gesagt an Land und Kreis! Die Oststeinbeker Bürger würden also denen, die uns nicht beim Ausbau der Straßen unterstützen, noch mehr Geld in den Rachen werfen, als das jetzt schon der Fall ist.
  • Die Mieten in Oststeinbek werden steigen, weil die Grundsteuer auf die Betriebskosten umgelegt werden können.
  • Wenn die Kosten über die gesamte Nutzungsdauer von 35 Jahren aufgeteilt würden, könnte es sein, dass man drei Jahrzehnte zahlt, bis die eigene Straße saniert wird.
  • Die Gemeinde hat keinerlei Verpflichtung, das zusätzlich eingenommene Steuergeld auch wirklich für Straßen zu verwenden. Es handelt sich um eine allgemeine Steuer, die nicht zweckgebunden ist. Ein großer Unterschied zu den Anliegerbeiträgen, bei denen man nur zahlt, wenn wirklich etwas getan wird.
  • Ein Eigentümer an einer viel befahrenen Straße zahlt genau so viel für den Straßenbau, wie ein Anlieger einer nur von drei Bewohnern genutzten Straße.

Wir glauben aus diesen Gründen, dass die Grundsteuer keine optimale Lösung ist.

Insbesondere finden wir es aber nicht OK, den Bürgern in die linke Tasche Geld zu stecken, und es ihnen aus der rechten Tasche wieder heraus zu nehmen. Zumindest darf man dann nicht so tun, als wolle man die Bürger entlasten.

Die SPD-Fraktion wird einer Grundsteuer-Erhöhung nicht zustimmen!

Fazit

Wir müssen bei diesem unangenehmen Thema – auch wenn bald Kommunalwahlkampf ist – wieder zu einer sachlichen und lösungsorientierten Diskussion zurück kehren. Die SPD Oststeinbek wird sich nicht scheuen, auch bei schwierigen Themen den offenen und ehrlichen Dialog mit den Bürgern zu führen.

Die SPD Oststeinbek will eine möglichst faire und bürgerfreundliche Lösung für die Straßenausbaukosten, die Härtefälle vermeidet. Mit der schlichten Abschaffung der geltenden Beitragssatzung ist aber niemandem geholfen.

Wirklich sinnvoll wäre es jetzt, gleichzeitig mit anderen Gemeinden einen Appell an die Landesregierung zu richten: Wenn die Bürger entlastet werden sollen, ist es notwendig, dass sich das Land an den Kosten für den Straßenausbau beteiligt. Der Bürgermeister der Gemeinde Heikendorf hat hierzu in einer Stellungnahme zum Gesetzentwurf einen Vorschlag gemacht. Auch die kommunalen Spitzenverbände fordern genau das. Wir bringen deshalb in die Gemeindevertretung am 18.12. einen Resolutions-Entwurf ein, mit dem die Landesregierung aufgefordert wird, die Beiträge der Anlieger zu übernehmen.