Adios, Naturschutz in Ostbek!

Der Entwurf des neuen Landschaftsplans – für viel Steuergeld und mit intensivem ehren- und hauptamtlichem Zeiteinsatz erarbeitet – wurde nahezu vollständig gekippt.

Der Umweltausschuss der Gemeinde Oststeinbek hat gestern mit den Stimmen von CDU, OWG und FDP nahezu alle Naturschutzaspekte des neuen Landschaftsplans zu Makulatur gemacht. Die Mehrheit der Ausschussmitglieder setzte sich über alle naturschutzfachlichen Empfehlungen hinweg. Bei den anwesenden Landwirten bestand große Verunsicherung über die Auswirkungen des Plans.

Seit zwei Jahren arbeitet die Gemeinde Oststeinbek am neuen Flächennutzungsplan (FNP). Der Landschaftsplan ist ein „Unterplan“ des FNP, welcher gemäß Bundesnaturschutzgesetz die Ziele, Erfordernisse und Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege festlegen muss. Zum neuen Landschaftsplan wurde eine umfangreiche Bürgerbeteiligung mit Workshops durchgeführt, seit Januar 2017 arbeitet eine Arbeitsgruppe an den Inhalten des Landschaftsplans. Hauptinhalt des Plans waren fachliche Empfehlungen für Ausgleichsmaßnahmen bei Bauvorhaben, wie sie derzeit z.B. an der Brückenstraße, dem Willinghusener Weg und der ehemaligen „Allianz-Fläche“ geplant sind. Zudem gab es Empfehlungen zur Verbindung bestehender Biotope untereinander – so genannte Biotop-Verbundsysteme – die es Tieren ermöglichen sollen, von einem Biotop zum anderen zu wandern. Insgesamt handelte es sich schon bei dem Entwurf um ein sehr zurückhaltendes Konzept, das nur wenige Naturschutz-Maßnahmen vorsah. Viele der Vorschläge hatten nach den Ereignissen von Himmelfahrt 2018 auch ganz pragmatisch den Hochwasserschutz im Fokus.

In der gestrigen Sitzung des Umweltausschusses wurden dennoch fast sämtliche fachlichen Ergebnisse des von der Gemeindevertretung aus Steuermitteln beauftragten Planungsbüros über Bord geworfen. CDU und OWG stimmten sogar gegen Maßnahmenvorschläge, denen sie in der Arbeitsgruppe zuvor noch zugestimmt hatten. Nur drei von 35 fachlich für Ausgleichsmaßnahmen geeignete Flächen werden in den Plan aufgenommen. Außerdem wurden Vorschläge für ein Biotop-Verbundsystem sowie einen Knick-Verbund ohne jegliche fachliche Begründung aus dem Plan gestrichen. „Wir geben damit die naturschutzrechtliche Planungshoheit der Gemeinde an übergeordnete Stellen ab und sorgen dafür, dass Ausgleichsflächen für Bauvorhaben weiterhin überwiegend außerhalb Oststeinbeks stattfinden“, sagte die SPD-Gemeindevertreterin Silke Fillies. „Für den Naturschutz und das kommunale Selbstverwaltungsrecht war das eine Bankrotterklärung“, so Fillies.

Jochen Bloch, stellvertretender Vorsitzender des Umweltausschusses und Leiter der betreffenden Sitzung, sagte: „Wir haben gestern eine Zeitreise in die Siebziger erlebt. Für einen Moment hätte man glauben können, dass die Themen Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Artensterben in Oststeinbek gar nicht existieren. Das war echte Retro-Politik und ich glaube, wir müssen die Bürger mal wachrütteln, was hier gerade gemacht wird. Der Umweltausschuss verkommt ja zur Farce.“

Begründet wurde die Ablehnung des Plans von der CDU insbesondere damit, dass Auswirkungen auf das Eigentum und den Bestand der Betriebe der Landwirte befürchtet werden. Tatsächlich bindet der Plan jedoch lediglich die Gemeinde bei ihren Planungen. Für BürgerInnen und insbesondere GrundstückseigentümerInnen entfaltet der Plan keine rechtlichen Auswirkungen. Keine der Empfehlungen schränkt Landwirte ein, keine Maßnahme ist ohne Einverständnis der Grundeigentümer möglich. „Wir haben aus den Reihen der Landwirte deutlich vernommen, dass sie sich um die Bewirtschaftung ihrer Flächen sorgen. Offenbar wurde noch nicht ausreichend kommuniziert, was ein Landschaftsplan ist und vor allem, welche rechtlichen Auswirkungen er nicht hat.“, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Christian Höft. „Nach der gestrigen Diskussion, in der selbst bei der CDU eklatante Wissenslücken über die fachlichen Inhalte des Plans zu Tage traten, kann ich die Sorgen der Landwirte sehr gut verstehen. Ich kann auch die Emotionen nachempfinden, wenn man seinen Acker plötzlich in einer Naturschutzkarte findet. Fakt ist jedoch: Kein Landwirt wird durch den Plan in seiner Arbeit behindert“, so Höft. „Wir hätten gerade von der CDU, die sich traditionell als Sprachrohr der Landwirte sieht, erwartet, dass sie ihrer Verantwortung als Gemeindevertreter gerecht wird und sachlich aufklärt, anstatt Existenzängste zu schüren und vermeintliche Gegensätze zu zementieren – ein solches Verhalten halte ich für fahrlässig“, sagte Höft.

Verwundert zeigte sich die SPD-Fraktion auch darüber, dass die CDU einen offenbar selbst betroffenen Landwirt als Ausschussmitglied eingesetzt hat. „Normalerweise erklärt man sich in Sitzungen für befangen, wenn man sein Eigentum persönlich unmittelbar betroffen sieht“, sagte Thomas Mielcarek, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD. Rechtlich sieht die SPD-Fraktion hier nach einer Prüfung durch Gemeinde und Kommunalaufsicht zwar kein Problem, weil der Plan eben die Flächeneigentümer gar nicht belastet. „Allerdings hat es schon ein Geschmäckle, wenn eine Partei das genaue Gegenteil davon behauptet und dennoch Betroffene an Abstimmungen teilnehmen lässt“, so Mielcarek.

Der Landschaftsplan geht nun zunächst in eine Auslegungsphase, in der BürgerInnen und Behörden zu den Inhalten Stellung nehmen können.

Die SPD-Fraktion wird weiterhin dafür kämpfen, dass Natur-, Arten- und Klimaschutz in Oststeinbek auf der Tagesordnung stehen.