– aktualisiert / endgültige Fassung –
Dieser Antrag der SPD-Fraktion wurde am 17.09.12 im Hauptausschuss behandelt (es berichteten die Bergedorfer Zeitung und das Hamburger Abendblatt). Er stieß grundsätzlich auf große Zustimmung bei allen Fraktionen. Aufgrund der derzeitigen Lage im Rathaus waren sich alle Fraktionen einig, zunächst nur Punkt Nr. 1 abzustimmen. Die Beratungen der konkreten Maßnahmen wurden auf das Frühjahr 2013 verschoben. Da nur die Gemeindevertretung (GV) gemäß § 27 Absatz 1 Satz 1 der Gemeindeordnung über die Ziele und Grundsätze der Verwaltung entscheidet, muss der Antrag nun noch bei der GV-Sitzung am 01.10. beschlossen werden.
Wir geben den Antrag samt Begründung hier im Wortlaut wieder.
Der Hauptausschuss möge beschließen, der Gemeindevertretung den nachfolgenden Beschluss zu empfehlen:
1. Die Gemeindevertretung erklärt die Anerkennung und aktive Förderung des Ehrenamtes zu einem Grundsatz der kommunalen Verwaltung in Oststeinbek mit dem Ziel, bestmögliche Bedingungen für ehrenamtliches Engagement im Ort herzustellen. Die Bürgermeisterin hat ihre Arbeit hieran auszurichten und die Voraussetzungen in der Verwaltung dafür zu schaffen, dass sich ehrenamtliche Arbeit im Ort bestmöglich entfalten kann.
2. Zur Unterstützung der Ehrenamtlichen wird ein Ehrenamts-Koordinator in der Gemeindeverwaltung benannt. Dieser dient als einheitlicher Ansprechpartner für die Ehrenamtlichen und unterstützt diese koordinierend und beratend bei ihrer Tätigkeit. Insbesondere hilft er bei der reibungslosen Klärung von verwaltungsinternen Zuständigkeiten, z.B. bei Anträgen für Genehmigungen, Nutzung von Gemeindeeigentum oder finanzielle Unterstützung, außerdem bei Formalitäten zur Vereinsgründung oder dem Zugang zu Beratungsangeboten. Die Stelle wird nicht neu geschaffen, sondern durch eine Änderung von Stellenbeschreibungen generiert.
3. Die Gemeindevertretung ernennt eine Ombudsperson für das Ehrenamt. Dieser soll als Vermittler tätig sein, falls es zwischen Ehrenamtlichen und Verwaltung oder unter Ehrenamtlichen zu Konflikten kommt, der Gemeindevertretung Bericht erstatten und Initiativen zur Förderung des Ehrenamtes ergreifen. Die Gemeindeverwaltung ruft in Oststeinbek aktuell zu Bewerbungen auf. Die Tätigkeit der Ombudsperson ist ehrenamtlich.
4. Oststeinbek führt eine Ehrenamtskarte mit niedrigschwelligen Vergabekriterien. Die Verwaltung sorgt durch die aktive Ansprache von ortsansässigen Unternehmen dafür, dass attraktive Vorteile für die Inhaber der Karte geschaffen werden. Die Bürgermeisterin legt der Gemeindevertretung einen Vorschlag für die Vergabekriterien vor.
5. Eigentum der Gemeinde, das für ehrenamtliche Aktivitäten nützlich ist, soll den Ehrenamtlichen nach Möglichkeit verfügbar gemacht werden. Gemeindeverwaltung entwickelt einen Katalog von Gegenständen, die verleihbar sind – z.B. Tische, Stühle, Bühnen, Zelte –, versieht ihn mit Vorschlägen für Verleihkonditionen und legt ihn der Gemeindeverwaltung zum Beschluss vor.
6. Die Gemeindeverwaltung veranstaltet eine Ehrenamtsmesse, auf der die Vereine Möglichkeiten ehrenamtlichen Engagements präsentieren. Die Veranstaltung wird mit einem auskömmlichen Werbe- und Organisationsbudget ausgestattet und aktiv von der Verwaltung beworben. Die Angebote der Vereine werden zudem dauerhaft in einem eigenen Ehrenamts-Bereich der Website der Gemeinde zusammengefasst.
Begründung:
Oststeinbek zeichnet sich aus durch seine vielfältige Vereinswelt, die getragen ist von starkem ehrenamtlichem Engagement. Die Aktivitäten der Ehrenamtlichen tragen in vielfältiger Weise zum Gemeinwohl bei – sei es durch kulturelle oder gesellschaftliche Veranstaltungen oder durch die Förderung der Sicherheit im Ort. Die Lebensqualität wird hierdurch erheblich erhöht und die Gemeinde gewinnt als Wohnort an Attraktivität, was z.B. für den Werterhalt der Immobilien unverzichtbar ist.
Nachdem die Arbeiterwohlfahrt in Oststeinbek massive Nachwuchsprobleme hatte, hatte die CDU-Fraktion mit einem Antrag vorgeschlagen, durch die Schaffung einer hauptamtlichen Stelle im Rathaus bestimmte Funktionen, die bislang ehrenamtlich ausgeübt wurden, durch die Verwaltung ausführen zu lassen. Außerdem wurde eine Ehrenamtsmesse vorgeschlagen. Wir möchten diese guten Ansätze, die ein wenig in Vergessenheit geraten sind, mit unserem Antrag „Das Ehrenamt in Oststeinbek stärken!“ aufgreifen, modifizieren und erweitern.
Wir sind der Auffassung, dass es Aufgabe der Kommunalverwaltung ist, Voraussetzungen zu schaffen, die eine bestmögliche Entfaltung ehrenamtlicher Aktivitäten gewährleistet. Wir sind nicht für weniger sondern für mehr Ehrenamtsförderung. Die Kosten hierfür sind im Vergleich zum Nutzen für das Gemeinwohl gering.
Die Gründe im Detail:
Zu Nr. 1 (Grundsatz der kommunalen Verwaltung): Zunächst ist es von Bedeutung, dass die Gemeindevertretung sich noch einmal ausdrücklich und grundsätzlich dazu bekennt, das Ehrenamt im Ort wertzuschätzen. Dieser Wertschätzung wird konkret Ausdruck verliehen durch die Verankerung der Ehrenamtsförderung als Grundsatz und Ziel der Gemeindeverwaltung. Die Gemeindevertretung legt gemäß § 27 Abs. 1 S. 1 Gemeindeordnung SH (GO) die Ziele und Grundsätze der Verwaltung fest. An diese ist die Bürgermeisterin gemäß § 55 Abs. 1 S. 1 GO rechtlich bei der Leitung der Verwaltung der Gemeinde gebunden. Durch den Grundsatzbeschluss wird folglich – wenn auch abstrakt – die Förderung des Ehrenamtes zu einem rechtlich verbindlichen „Roten Faden“ der Verwaltung und als Ziel klar definiert: Wir wollen einen lebendigen Ort mit starkem Ehrenamt – und sind bereit, hierfür etwas zu tun!
Die Definition des Ehrenamts ist hierbei weit zu verstehen. Gesetzlich ist der Begriff nicht einheitlich und umfassend definiert. Erfasst von einer „Oststeinbeker Definition“ sein sollten jedenfalls alle gesetzlich als „Ehrenamt“ bezeichneten Tätigkeiten (Mitwirkung bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben), ebenso wie alle sonstigen gemeinwohlorientierten, unentgeltlichen Tätigkeiten. Es ist sinnvoll, hierzu eine separate Richtlinie für die Verwaltung zu erstellen, die den Rahmen dieses Antrages jedoch sprengen würde. Es wird auf die ausführliche Kommentierung von Horst Steinmeyer zu § 118a Sozialgesetzbuch III („Ehrenamtliche Betätigung“), Rn. 13-16, in Gagel, SGB II / SGB III (45. Ergänzungslieferung 2012) verwiesen, die wertvolle Kriterien und Erläuterungen liefert, die auch sonst Anwendung in der öffentlichen Verwaltung finden.
Zu Nr. 2 (Ehrenamts-Koordinator): Die Errichtung eines einheitlichen Ansprechpartners hat zum Ziel, die Betreuung der zahlreichen Vereine zu bündeln und hiermit den Ehrenamtlichen klare Verwaltungsstrukturen anzubieten, die ihre Arbeit erleichtern. Durch die Kanalisierung von Anfragen wird die Kommunikation mit den Vereinen effizienter und die Umsetzung von Vorhaben oder Lösung von Problemen erleichtert. Die Aktiven haben künftig „ein Gesicht“, an das sie sich mit ihren Anliegen wenden können. Interessierte Bürger können beim Koordinator erfragen, wo man sich im Ort engagieren kann. In der Praxis könnte es sogar dazu kommen, dass verwaltungsintern auch eine gewisse Vertretung der Ehrenamtsinteressen durch den Koordinator „nach innen“ erfolgt, was wünschenswert wäre.
Da keine neuen Aufgaben generiert werden, sondern lediglich Anfragen gebündelt werden, erscheint zusätzliches Personal für diese Aufgabe nicht nötig. Bei geschickter Umsetzung könnte die Einrichtung des Koordinators sogar Effizienzeffekte generieren und die Verwaltung insgesamt ein wenig entlasten. Eine Testphase könnte hier Erfahrungen liefern.
Zu Nr. 3 (Ombudsperson): In der jüngeren Vergangenheit ist es zu Konflikten zwischen Verwaltung und Ehrenamtlichen gekommen. Es wurden unterschiedliche Wege beschritten, diese zu lösen. Unter anderem wurden auch die Fraktionen direkt angesprochen, was sicher nicht den Königsweg darstellt und außerdem für viele eine zu große Hürde darstellt. Sollte es gelingen, einen Bürger zu finden, der sich mit den Bedürfnissen Ehrenamtlicher einerseits und der Verwaltungsrealität der Gemeinde andererseits auskennt, könnte ein angenehmer Weg beschritten werden, solche Konflikte künftig „schlank“ zu lösen und die Verwaltung zu entlasten. Uns schwebt hier ein ehemaliger Ehrenamtlicher vor, der über Vermittlungsgeschick verfügt und allein Kraft seiner persönlichen Autorität sowohl bei Ehrenamtlichen als auch bei der Verwaltung Anerkennung findet (keine besonderen Rede- oder Beteiligungsrechte o.ä. in Ausschüssen). Die Arbeitsbelastung dürfte sich in Grenzen halten. Bürgervorsteher und Gemeindevertretung müssten sich nur noch in Eskalationsfällen einschalten.
Zu Nr. 4 (Ehrenamtskarte): Die Ehrenamtskarte wurde in SH bereits vor einigen Jahren vom Sozialministerium initiiert, um Ehrenamtliche für ihre Tätigkeit zu honorieren (https://www.ehrenamtskarte.de/). Das landesweite Projekt ist jedoch derzeit faktisch eingestellt, da es fast keine Angebote für die Karteninhaber gibt. Zwar soll die Karte durch einen Projektträgerwechsel zum „EhrenamtNetzwerk Schleswig-Holstein“ wiederbelebt und weitergeführt werden, allerdings befindet man sich hier erst in der Konzeptionsphase. Außerdem bedarf die sinnvolle Einführung der Karte in jedem Falle aktiver Tätigkeit vor Ort: Um Ehrenamtlichen spürbare geldwerte Vorteile zu bieten, muss die Verwaltung aktiv auf örtliche Gewerbetreibende zugehen, um dort attraktive Spezialkonditionen auszuhandeln. Überregionale Angebote sind wohl eher uninteressant. In Betracht kommen sämtliche Dienstleister im Ort oder auch überregional. Die Unternehmen bekommen hierdurch die Möglichkeit, sich werbewirksam am Markt als Förderer des Ehrenamtes zu positionieren. Eine Einbindung des Gewerbebundes könnte hier evtl. eine interessante Kooperation darstellen und sollte dort angefragt werden.
Kritisch zu sehen ist die hohe Vergabeschwelle der landesweiten Ehrenamtskarte (erst ab 5 Stunden Ehrenamt pro Woche über zwei Jahre). Daher ist es evtl. sinnvoll, eine eigene Karte mit niedriger Vergabeschwelle im Ort aufzulegen. Allerdings befindet sich das Thema der Vergabeschwelle auch beim neuen Projektträger auf Landesebene noch in der Diskussion und man kann die Entwicklung noch einige Wochen abwarten. Die genauen Vergabekriterien sollten im Laufe des Prozesses auch und gerade mit den Vereinen selbst abgestimmt werden.
Zu Nr. 5 (Leihgegenstands-Verzeichnis): In der letzten Zeit besteht ein dem Grunde nach berechtigter – in der Umsetzung bisweilen über das Ziel hinausgehender – Trend in der Verwaltung, die Nutzung von Gemeindeeigentum durch Vereine zu einzuschränken. Klar ist jedoch, dass dies nicht dazu führen darf, dass Vereine für öffentliche Feste keine Bühnen oder Ähnliches mehr ausleihen dürfen. Wir brauchen daher klare Regeln, die es zu transparenten und angemessenen Konditionen erlauben, das Gemeindeeigentum zu nutzen.
Zu Nr. 6 (Ehrenamtsmesse): Wir begrüßen die von der CDU vorgeschlagene Ehrenamtsmesse ausdrücklich und halten es für eine ausgezeichnete Idee, dass sich Bürger mit prinzipiellem Interesse an Engagement auf einem „Markt der Möglichkeiten“ informieren können, welche vielen Gesichter ehrenamtliche Tätigkeit haben kann. Die Messe muss aber professionell vorbereitet, beworben und ausgestattet werden, damit Aussteller und Interessenten angezogen werden und wir keinen traurigen Flohmarkt auf einem dunklen Rathausflur veranstalten.
Das „EhrenamtNetzwerk Schleswig-Holstein“ plant für das Frühjahr 2013 landesweit und mit Unterstützung der Landesregierung lokale „EhrenamtForen“ mit dem Motto „Anerkannt im Ehrenamt“, in deren Rahmen die Messe stattfinden könnte. Es würden dann begrenzt finanzielle Mittel für die Bewerbung der Veranstaltung zur Verfügung stehen.
Dauerhaft sollten alle Anbieter eine kleine Präsentationsmöglichkeit auf der Rathauswebsite haben.