Fast 100 Oststeinbekerinnen und Oststeinbeker kamen am 14. Februar zum Bürgerdialog der SPD Oststeinbek im Kratzmann’schen Hof. Das Thema Wohnungsbau bewegte die Gemüter. „Warum bitte wollen CDU und OWG keine gemischten Wohngebiete für Jung und Alt?“ fragte ein sichtlich irritierter Zuschauer. Beantworten konnte Christian Höft diese Frage nicht: „Ich versuche seit drei Jahren, genau das herauszufinden“, sagte der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten. Dabei ist die Sachlage so klar: Es gibt in Oststeinbek praktisch keine verfügbaren Mietwohnungen, weder für Senioren, noch für Jüngere. Wenn es Wohnungen gibt, sind diese zu teuer oder nicht barrierefrei. Christoph Kostka vom Verband der Norddeutschen Wohnungswirtschaft stellte fest: „Sie haben schon heute einen Gebäudebestand im Ort, der nicht mehr zu den Bedürfnissen der Einwohner passt. Diese Situation wird sich durch die Zuzüge in die Metropolregion immer weiter verschärfen.“ Manuela Waller und Sabine Schmidt konnten dem nur zustimmen: die beiden wohnten fast 40 Jahre in ihren Einfamilienhäusern in Havighorst, bevor sie 2015 in seniorengerechte Wohnungen nach Glinde zogen. „Wir wären sehr gern in Havighorst geblieben, aber es gab einfach keine passenden Angebote“, sagte Waller. Der Auszug aus dem großen Einfamilienhaus stellte für Manuela Waller eine Entlastung dar. „In dem großen Haus wäre ich nur noch mit Putzen und Gartenarbeit beschäftigt gewesen“, sagte sie.
Ein eigenes Haus kann auch zur Last werden
Denise Ziegner konnte eine andere, aber dennoch ähnliche Geschichte erzählen. Die 18-jährige ist in Oststeinbek aufgewachsen. Ihr Freund Christopher Eberl (21) zog vor einem Jahr von Bayern nach Oststeinbek. Die beiden hatten vor, hier ihren Lebensmittelpunkt mit einer gemeinsamen Wohnung zu gründen. „Das Wohnungsangebot war leider völlig unbrauchbar, und ein Hauskauf ist für uns in der Ausbildung illusorisch“, sagte Ziegner. „Letztlich sind wir nun nach Mümmelmannsberg gezogen. Das ist noch nah dran an Oststeinbek und wir konnten zumindest in der Feuerwehr bleiben. Aber ich verstehe nicht, weshalb es in Oststeinbek immer nur um Seniorenwohnungen geht“, sagte Eberl.
SPD-Fraktionschef Höft fragte in die Runde: „Kann es nicht ein Miteinander von Jung und Alt geben?“ Christian Jessen vom Seniorenbeirat Oststeinbek zeigte sich offen: „Wir vertreten natürlich vor allem die Interessen der Senioren. Aber wir waren es auch, die schon vor vielen Jahren ein Konzept für einen Generationen-Wohnpark am Breedenweg vorgelegt haben, in dem Bürger jeden Alters passenden Wohnraum finden sollten. Das wurde aber von der Mehrheit der Politik abgelehnt. Nun versuchen wir, zumindest Seniorenwohnungen zu bauen, bevor gar nichts passiert.“
Christopher Eberl ergänzte: „In unserem Wohnhaus leben mehrere Senioren Tür an Tür mit jungen Leuten und es gibt überhaupt keine Probleme. Im Gegenteil, man hilft sich gegenseitig und versteht sich gut.“
Jung und Alt können perfekt miteinander wohnen
Ein Bürger aus dem Publikum fasste ernüchtert zusammen: „Es wird in Oststeinbek nur über Seniorenwohnungen geredet, aber die jungen Oststeinbeker, die nicht ein Haus erben oder 600.000,- bis 800.000,- Euro für ein Einfamilienhaus mit großem Grundstück finanzieren können, werden aus dem Ort gedrängt. Für die ganz normalen Oststeinbeker entwickelt die Politik keine Lösungen“.
Das Problem: die Blockadehaltung von CDU und OWG
Christian Höft von der SPD ließ es sich nicht nehmen, die Mehrheitsverhältnisse in der Gemeindevertretung zu erklären: „Wohnraum für junge Oststeinbeker wird ganz klar und bewusst von CDU und der Wählergemeinschaft OWG verhindert. SPD und FDP kommen zusammen nur auf 8 Stimmen, die Mehrheit liegt bei 10. Solange sich an den Mehrheiten nichts ändert, wird das Problem nicht gelöst.“
Immerhin: Senioren-Wohnungen in Sicht
Einen Teil der Lösung präsentierten dann die Entwickler der beiden Wohnungs-Projekte am Willinghusener Weg und an der Brückenstraße.
Das Projekt Willinghusener Weg
Christian Stölken vertritt die Eigentümer des zwischen Willinghusener Weg und Hamburger Kamp gelegenen Grundstücks. Sein Projekt, über das mehr als ein Dreivierteljahr in den Gremien beraten wurde, hat die erste Hürde schon genommen: auf Antrag der SPD wurde im Dezember 2017 ein Beschluss gefasst, den nötigen Bebauungsplan aufzustellen. Damit war der Startschuss für ein langwieriges Verfahren gesetzt. Den Bürgern konnte er nun detaillierte Entwürfe eines renommierten Architekturbüros vorstellen. In kleinen Gruppen von je drei Häusern sollen insgesamt 90 barrierefreie „Service-Wohnungen“ im Grünen entstehen. Ein Drittel davon als Eigentumswohnungen, ein drittel als normale Mietwohnungen und ein Drittel als besonders günstige, staatlich geförderte Mietwohnungen. Im südlichen Bereich, der an die vorhandene Bebauung grenzt, werden die Gebäude drei Geschosse haben, im nördlichen Bereich kommt ein Staffelgeschoss hinzu. „Service“ bedeutet: ein Pflegedienstleister bietet die Unterstützung an, welche die Bewohner brauchen. In jeder Häusergruppe soll es Gemeinschaftsräume und einen Innenhof geben. Die Eingänge sollen über Laubengänge miteinander verbunden werden.
Projekt Willinghusener Weg Stand 14.02.2018
Das Projekt Brückenstraße
Hartmut Thede vom Wohnungsbauunternehmen Semmelhaack erwartet das „Go“ für sein Vorhaben an der Brückenstraße in der Gemeindevertreter-Sitzung am 26. März 2018. Die ersten Reaktionen aus dem Bauausschuss Ende Januar waren aber sehr positiv. Thede hatte schon an mehreren Standorten in Oststeinbek Vorschläge für Senioren- oder Mehrgenerationshäuser gemacht, dieses hat nun konkrete Aussicht auf Erfolg. Wenn die Gemeinde Oststeinbek ein Teil-Grundstück an der Brückenstraße an die Firma Semmelhaack verkauft, könnten hier 80 Mietwohnungen für Senioren entstehen. Vorgesehen sind fünf Häuser mit drei Geschossen bzw. drei plus Staffelgeschoss. Ein Drittel der Wohnungen ist als geförderter Wohnraum geplant. Die Wohnungsgröße wird im Schnitt bei 60 qm liegen. Auch hier soll das Thema Dienstleistungen groß geschrieben werden: Neben bedarfsgerecht buchbarer Unterstützung im Haushalt können die Bewohner der betreuten Servicewohnungen auch die Dienste einer Tagespflege in Anspruch nehmen – die Pflegedienstleistungen sollen vom Bismarck-Seniorenstift erbracht werden. Ebenfalls geplant ist ein Nachbarschaftstreff mit Freizeitaktivitäten. Die attraktive Landschaft an der Glinder Au soll über einen Holzsteg erreichbar sein.
Semmelhaack Brückenstraße Entwurf
Semmelhaack Brückenstraße Pflegeangebote
SPD-Fraktionschef Höft versicherte am Ende der Veranstaltung: „Wir werden weiter dranbleiben und versuchen, CDU und OWG umzustimmen. Wichtig ist aber auch, dass über dieses Problem ab sofort im Ort diskutiert wird und die Bürger zu den Sitzungen gehen, um ihre Meinung zu sagen.“